„Was unsere Vorfahren in harter Zeit geschaffen, wurde in treuer Anhänglichkeit an das Schützenwesen bis heute gewahrt. Echter Schützengeist, viel Mühe und Idealismus unserer Mitglieder ermöglichten es, durch umfangreiche Arbeiten die Schießanlage immer funktionstüchtig zu halten!“
Alfred Bolek (Oberschützenmeister 1958)
Mehr als 400 Jahre ist der Stockerauer Schützenverein alt. Die sogenannte Salzscheibe belegt es. Sie zeigt einen Salzküffel, mit dem Salz aus dem Salzkammergut Donau abwärts befördert wurde. Als die ersten Stockerauer Schützen in der Schießstattgasse, wo sich heute das Automobilmuseum, ein Parkplatz und die Tennisplätze befinden, ihre Schießübungen abhielten, war Stockerau ein kleiner Markt mit ca. 120 niedrigen Häusern. Hier entstand sehr bald eine hölzerne Hütte und man schoss auf runde weiße Scheiben mit einem schwarzen Mittelpunkt. Diese Scheiben standen auf Holzpfosten, den sogenannten Scheibenstingeln.
1668 entstand das erste feste Gebäude neben einer Kegelbahn, die von den Schützen an den sogenannten Schöllerer verpachtet wurde. Nach einem Tief erfolgte unter dem OSM Mathias Mitschko 1679 ein Neubeginn und ab dieser Zeit besitzt der Verein ziemlich lückenlose Aufzeichnungen über den Schießbetrieb und die Geschäftsgebarung.
Im 17. und 18. Jahrhundert gab es im Sommer ein wöchentliches Kränzelschießen, daneben Recreationsschießen zu besonderen Anlässen, Hochzeitsschießen, Salzschießen, Haupt- und Freischießen, die häufig mit den Pfingstschießen zusammenfielen. Geschossen wurde zu dieser Zeit mit Vorderladern, die zum Teil von ortsansässigen Büchsenmachern hergestellt jedenfalls aber gepflegt wurden. Bei den Stockerauer Händlern erwarb man Feuersteine, Pulver und Blei.
1806 wurde das erste „massive“ Schützenhaus gebaut, dessen oberes Stockwerk, in Holzbauweise, als Tanzsaal diente. Nach etlichen schlechten Jahren schwangen sich die Schützen 1860 unter OSM Wenzel Gabesam zu neuen Höhen und zu einem neuen Schützenhaus auf. Diesmal baute man neben die eigentliche Schießstatt einen großen Tanzsaal, einen Speise- und einen Schützensaal, eine Küche usw. Die Innenausstattung war äußerst prächtig. Trotz Geldnöten erfolgte 1881 eine Erweiterung dieses Baus. Doch nun war der Schuldenberg derart angewachsen, dass nichts mehr zu retten war, und so erfolgte am 3. März 1884 der Verkauf der Schießstätte an die Sparkassa. Eine neue Heimat fanden die Schützen bald darauf auf der Alten Au, wo sich eine aufgelassene Militärschießstatt befand. Hier fand auch 1902 das 300-jährige Jubiläum des Vereins verbunden mit dem 10. NÖ Landesschießen statt. Es war ein rauschendes Fest, das über eine Woche dauerte und den Verein neuerdings in Schulden stürzte. 1914 kündigte die Sparkassa den Kredit auf und der Schützenverein stand vor der Auflösung. Der Ausbruch des 1. Weltkriegs „rettete“ die Schützen zunächst und die Inflation der 20er Jahre tilgte die Schulden. Die 20er und 30er Jahre zeigen ein reges Vereinsleben und bringen einige Änderungen am Schützenhaus, wie eine Wohnung für einen ständigen Hauswart bzw. Oberzieler.
Nach dem 2. Weltkrieg finden durch die Bemühungen des späteren OSM Alfred Bolek bald nach Unterzeichnung des Staatsvertrages die Schützen wieder zusammen und im Juli 1956 kann bei einem internen Schießen die Zimmergewehrschießstatt eröffnet werden. Es folgt 1958 die Eröffnung der Feuerschießstatt – alles nur möglich durch den beispielhaften Einsatz des Schützenrates und vieler Mitglieder, die in tausenden von Arbeitsstunden all dies möglich machten. 1962 feierte man das 360-jährige Bestandsjubiläum, da man ja 1952 nicht feiern konnte. Die Schützen werden immer ambitionierter und die sportlichen Leistungen steigen. So schießt z.B. Karl Pavlis 1965 bei der Staatsmeisterschaft in Innsbruck neuen NÖ Rekord. Im selben Jahr stößt auch eine Gruppe von 12 Wiener Pistolenschützen zu den Stockerauern und baut eine eigene Schießstätte beim alten 300m Kugelfang.
Doch 1968 setzte man zum großen Wurf an. Unter OSM Ing. Ernst Bolek begann der ganz große Um- und Neubau der Schießstatt, der erst 1982 beendet war. Auch diese Leistung war nur durch den einmaligen Arbeitseinsatz einer großen Zahl von Schützen möglich. Das Ergebnis der jahrelangen Bemühungen waren die zweitgrößte Schießanlage in Österreich und die Erhebung zum Landeshauptschießstand in Niederösterreich 1972. Als kleines Dankeschön an OSM Ernst Bolek wurde die Schießstatt nach seinem Tode in „Ernst Bolek Schützenhaus“ umbenannt.
Heute verfügt die Schießstatt über ein Areal von ca. 18.000 Quadratmetern mit dem Bolek-Schützenhaus und einer eigenen Pistolenhalle. Im Bolek-Schützenhaus befindet sich eine Kleinkaliber-Anlage mit 15 Ständen und eine 10m Luftpistolen Schießanlage mit insgesamt 10 Ständen. Die alte Schießhalle mit den historischen Scheiben, wurde komplett renoviert. Sie lädt zu geselligem Verweilen ein, kann aber auch für Feste jeder Art gemietet werden.
Weiters wurde 2006 nach 1½ jähriger Bauzeit auch die neue Feuerpistolenhalle mit 10 Präzisions- und Wendescheiben auf 25m fertiggestellt.